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Wachstum oder Postwachstum beim Planen und Bauen?

20.03.2023 | Allgemein, IPB
Welcher Weg führt in eine lebenswerte Zukunft? Studierende stellen wegweisende Lösungsansätze vor.

Jedes Wintersemester erhalten die Studierenden des Masterstudiengangs Integrales Planen und Bauen mit dem Studienschwerpunkt Projektentwicklung eine Semesteraufgabe mit aktuellem Gesellschaftsbezug.

Das Leitthema im Wintersemesters 2022/2023 lautete „(De-)Growth?“, also die fundamentale Frage zu unserer Lebensweise, den bisherigen gesellschaftlichen und ökonomischen Wachstumstheorien  und wie es damit für die folgenden Generationen weitergeht.

In der konventionellen Lehre ist Wachstum in Volkswirtschaften unerlässlich, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und soziale Stabilität zu gewährleisten. Wachstumskritiker*innen setzen dem schon seit Jahrzehnten entgegen, dass unendliches Wachstum in einem begrenzten System schlicht unmöglich ist. Die Folgen, die daraus entstehen, trotz dieser einfachen Wahrheit weiter auf BIP-gestütztes Wachstum zu setzen, sind inzwischen in Form der Klimakrise sehr deutlich sichtbar.

Und genau dort setzte die Aufgabenstellung der Professoren Daniel Halswick und Stephan Häublein im Fach Projektentwicklung an. Die Studierenden sollten sich im Rahmen der Semesterarbeit aufbauend auf eine theoretische Analyse zu traditionellen und auch zukunftsweisenden Wirtschaftstheorien Konzepte und Innovationsansätze für unsere gebaute Umwelt, für das Planen und Bauen der Zukunft entwickeln.

Ob zukunftsweisende, visionäre Konzeption oder konkrete Machbarkeitsstudie mit marktfähigen und wirtschaftlichen Nutzungskonzept, herausgekommen sind Lösungsansätze mit der Fragestellung wie wir in 50 Jahren leben wollen? Die Klimakrise als Chance betrachten, dass sich etwas ändert ist seit Jahren das Credo der Friday-for-Future Generation. Denn ein Zurück wird es wohl kaum mehr geben, dafür befinden wir uns schon inmitten des Wandels. Welche Veränderungen werden sich also gesellschaftlich, stadträumlich, baulich, räumlich sowie verkehrlich ergeben? Welche neuen (Immobilien-)Räume werden sich perspektivisch brauchen und entwickeln? Wie kann durch uns Bekanntes neugedacht oder sogar transformiert werden? Was heißt klimagerechtes Bauen überhaupt? Dürfen wir überhaupt noch neubauen?

Mit diesen Fragen setzen sich 24 Masterstudierende ein Semester lang auseinander. Entstanden ist eine Vielzahl an Konzepten, von denen im Weiteren nun sechs vorgestellt werden.

Die folgenden Schaugrafiken sowie Ansichten wurden von den Projektbeteiligten in Zusammenarbeit erstellt.

 

Projektteam 1 Alexander Nadler, Romina Kaveh, Moritz Lipfert

 

Autonomes Fahren - Ein Verkehrskonzept für Würzburg 2040

Das Projekt zielt nicht nur auf wirtschaftlichen Erfolg ab, sondern legt den Fokus darauf, welcher Beitrag zur Schonung der Ressourcen und zur Verbesserung der Lebensbedingungen des Menschen geleistet werden kann.

Dabei wurde der Personenverkehr thematisiert, der neben dem großen Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß weitere soziale und umweltbezogene Herausforderungen aufweist. Verschiedene Lösungsansätze wurden dafür analysiert und mit dem autonomen Fahren eine technische Lösung ausfindig gemacht, die einen nachhaltigen Einfluss auf den Verkehrssektor haben kann. Im Rahmen des Projektes wurde darauf aufbauend für die Stadt Würzburg ein Betriebskonzept erstellt, wobei die Vorzüge des Konzeptes und der Technologie des autonomen Fahrens veranschaulicht werden.

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Projektteam 2 Christian Heun, Atoosa Zangeneh

Einfach Wohnen - Wie der Neubau zukunftsfähig bleibt

Der menschliche Lebensraum wird bedingt durch den Klimawandel immer kleiner, vormals bewohnbare Flächen werden durch den Anstieg der Meeresspiegel und die Verwüstung großer Flächen immer weniger. Parallel dazu steigt die Weltbevölkerung an und die Ressourcen werden immer knapper. In dieser Arbeit sollen mithilfe neuer Wohnungstypologien Antworten auf die vorgenannten Problemstellungen gefunden werden. Durch die radikale Reduzierung der Wohnungsgrößen und damit der Wohnfläche pro Kopf sowie einer reduzierten Haustechnik auf ein behagliches Mindestmaß, können Flächenressourcen, Material und Energie deutlich reduziert werden.

Es gilt ein Umdenken in Gesellschaft und Politik zu erwirken. Zukünftig wird weniger das neue mehr sein. Durch die Rückbesinnung auf Typologien, die schon vor hunderten von Jahren gut funktioniert haben, schaffen wir einen langfristig gut bewohnbaren Planeten. Wir bauen flächenoptimiert, Material- und Klimagerecht, aber vor allem Qualitativ und hochwertig – Das schafft nachhaltige Gebäude. Denn die steigende Wohnungsnot wird nicht allein über den Bestand zu Lösen sein.

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Projektteam 3 Franziska Haupt, Pegah Ghorbani, Leonie Mutchler

Impuls

Es ist absehbar, dass die Weltbevölkerung weiterwachsen wird. Mit einher geht dabei auch ein Wachstum des Wohnraum-, Energie-, Wasser-, Ressourcen-, Rohstoff- und Nahrungsmittelbedarfes. Das führt langfristig zu einem hohen Flächenbedarf und -verbrauch, welches wiederum zu Lasten von Grünflächen – wie Acker-, Weideflächen, Wälder und Mooren – geschieht. Das Ziel des Projektes ist es, mögliche Maßnahmen für eine autarke Stadt auszuarbeiten, um diesen Problemen in Zukunft nachhaltig zu begegnen.

Der Fokus liegt dabei auf den Themenfeldern Mobilität und Landwirtschaft und wie durch Umdenken, Umnutzen und Umverteilen Städte autarker, grüner und autofreier werden können. Das Ziel davon sind einerseits Bilanzierungen für die prognostiziert leerstehenden Parkhäuser, welche durch Vertical Farming für eine autarke Lebensmittelversorgung umgenutzt werden können und andererseits die Darstellung von möglichen neuen Nutzungsmöglichkeiten für die dadurch gewonnenen Landwirtschaftsflächen.

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Projektteam 4 Hannah Krank, Kristina Ignatovic

Q4.0+ | produktiv gemischte Quartiere mit Selbstversorung

Können wir als Gesellschaft in Zukunft weiterhin wirtschaftlich wachsen, ohne die ökologischen Grenzen unseres Planeten auszuschöpfen? Und ist die Idee, durch technische Innovationen, den Verbrauch vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln, realistisch? Ziel sollte sein die Wirtschaft so umzugestalten, dass auch bei einem schrumpfenden BIP das Wohlergehen gesichert werden kann. Wie wollen wir zukünftig also leben, was brauchen wir morgen, wie viel ist genug?

Ziel dieses Projektes ist es produktiv gemischte Polyzentren in Form von städtischen Quartieren auf Gewerbeflächen zu entwickeln. Was wenn wir nicht nur Industrie 4.0 in unsere Stadt zurückholen, sondern auch die Landwirtschaft? Was wenn Landwirtschaft in Zukunft anders funktioniert, in Form von Vertical Farming? Wenn wir 200m weiter unser lokales Obst und Gemüse ernten und kaufen können, welches wir sonst immer aus anderen Ländern importieren lassen, würden wir anders mit unseren Lebensmitteln umgehen? Unser Projekt trägt durch Massenermittlungen zu einem Lösungsansatz zu dieser Umsetzung bei.

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Projektteam 5 Kim Filbry, Maximilian Hüttner

Flying Flat

In Zeiten immer knapper werdender Ressourcen, in denen unsere Städte weiter und weiterwachsen, steigt das Verlangen nach alternativen Wohnformen. Das Small House Movement ist eine dieser Formen, welche mehr und mehr am Boomen ist, doch stößt sie in Sachen Nachhaltigkeit und Wohnqualitäten an ihre Grenzen. Unsere Projektarbeit der Flying Flat soll hier eine Antwort bieten. Es sieht vor transportable Flats zu einer Einheit zusammenzuschließen, was eine Fülle an Vorteilen mit sich bringt, welche die einzelnen Flats deutlich nachhaltiger gestalten.

Auch räumlich sollen die Nutzer von gemeinschaftlichen Cohousing-Bereichen profitieren. Flying Flats sollen nach Standort-Markt- und Zielgruppenanalyse in ausgewählten A, B aber auch in Kultur- und Universitätsstädte entstehen. Eine App stellt dabei das zentrale Kommunikationsmittel. Das strenge Achsraster der Konstruktion, welches auf monofunktionale, bestehende Stadtstrukturen wie Parkplätze ausgelegt ist, sowie die Aufständerung des Gebäudes ermöglichen eine nahezu universelle Eingliederung in bestehende Stadtstrukturen, wodurch ein gewisser Marktvorteil erzielt wird.

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Projektteam 6 Mona Dinkel, Marvin Reß

Sporthof Würzburg - Umnutzungschancen der Bestandsimmobilie Galeria Kaufhof

Die Projektentwicklung Sporthof befasst sich mit der neuen Nutzung und Identifikation der ehemaligen Galeria Kaufhoffläche in der Würzburger Altstadt.

Ein Ort der Begegnung und der Gesundheit soll zentral entstehen, um verschiedene Altersgruppen zusammenzuführen, und ein besseres Bewusstsein für Ernährung und Sport zu vermitteln.

Die ehemalige Einkaufsfläche soll Nutzungen wie Arzt- und Hebammenräumlichkeiten, Ernährungsberatung, sowie auch Sporteinrichtungen für Menschen mit Verletzungen und Handicap ermöglichen. Ein Kinderbetreuungsprogram, wie auch Versuchsküchen, sollen Spaß an Ernährung und Bewegung vermitteln. Ein begrünter Innenhof bietet Fläche für Begegnungen.

Eine abgestimmte Gebäudetechnik soll dieses Konzept unterstützen. Ein Aquaponik Bereich mit Fischzucht im Keller, und Nutzpflanzenanbau auf dem Dach sollen einen Kreislauf bilden, und den Verkauf von frischem Fisch und Gemüse in der Innenstadt ermöglichen. In der Hauseigenen Gastronomie können diese Produkte verzehrt werden. Durch Photovoltaikanlagen und Grauwassersparstrategien soll das Gebäude nachhaltig bewirtschaftet werden. Das Raumkonzept ist komplett barrierefrei geplant, sodass durch den neuen Sporthof sowohl ein Ort der Gesundheit wie auch eine neue Inklusions- und Begegnungsfläche entsteht.

 

Weitere Berichte: 

Architekturblatt vom 03.04.2023